Hammelrede 2008

Verehrte Festgemeinde,

liebe Gäste aus nah und fern,

treue Hammelbrüder

 

Als Vertreter der Hausener Kirmesburschen heiße ich euch zu unserem heutigen Festumzug auf das herzlichste willkommen.

Wieder haben wir uns hier versammelt, um unser 57. Hammelausreiten in würdiger Form zu begehen.

Auch in diesem Jahr haben wir wieder über Begebenheiten und außergewöhnliche Vorkommnisse in unserem kleinen Dörfchen nach Hammelbruderart zu berichten.

Unser diesjähriger Hammel mit dem Namen „Günter der Abgewählte“ hat zahlreiche Untaten verübt, die vor diesem hohen Gericht bekannt gemacht werden müssen.

 

Wir schicken jetzt Reiter und Wagen aus, um diesen im Schafspelz getarnten Übeltäter zu ergreifen.

 

Reiter und Wagen schwärmt aus!

 

Nachdem die Reiter ausgeschwärmt sind, um den Hammel vor dieses außergewöhnliche Gericht zu stellen, beginnen wir mit der Verlesung der Anklagepunkte.

 

Unser diesjähriger Hammel war wohl einer der gefährlichsten und heimtückischsten, den unsere Kirmes je erlebt hat.

Schon während des Festumzugs war er außer Rand und Band. Er schubste den Marco Schlumpf so sehr, dass dieser vom Kirmeswagen stürzte, notärztlich versorgt werden musste und einen Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte. Am Abend attackierte Hammel Günter schon wieder einen unserer standfestesten Kassierer derart heftig, dass dieser bei seiner anstrengenden Tätigkeit unter den Tisch rutschte.

Sofort hatten die umstehenden Burschen ihre Handys gezückt, aber nicht, um schon wieder den Notarzt zu rufen oder den Attentäter endlich der Polizei zu übergeben. Nein!

Es wurden mit den Handys Fotos von diesem besonderen Ereignis geschossen, um sie dann im World Wide Web zu verbreiten.

 

Eine sehr erfolgreiche und kostengünstige Neuerung des vergangenen Umzugs war der Einsatz des Kirmes-Schauorchesters mit in einer Hausener Meisterwerkstatt gefertigten High-Tech-Musikinstrumenten als Unterstützung für die Ständchen des Vorstandes.

Schön, dass ihr auch heute wieder dabei seid!

Sehr erfolgreich war die Show des Hausener Kloorchesters mit der äußerst gelungenen Darbietung der kleinen Nachtmusik.

Schade nur, dass der Einsatz der Jungburschen als ungedopte Hausener Radfahrer nicht in einer gesonderten Nachwuchswertung berücksichtigt wurde.

Zum alljährlichen Kirmesburschenball wurde das Hammelgulasch erstmals aus Gernrode bezogen. Hier sollte ein klares Zeichen gesetzt werden, denn einige der  Gernröder Hammel hatten mit Visionen von einem Großbahnhof Gernrode / Hausen für Aufsehen gesorgt.

Liebe Geimel, wenn schon Großbahnhof, dann Hausen / Gernrode!!

 

Ein besonderes Ereignis war die diesjährige Rentnerweihnachtsfeier. Sehr viele Hausener Nachwuchskünstler gestalteten mit gesungenen und gespielten Beiträgen das Programm.

Die immer wieder spannende Weihnachtsgeschichte des Dorfchronisten und eine DEFA Sonderausgabe über die Entwicklung des Eichsfelds mit historischen Dokumentaraufnahmen verbreiteten das Flair des längst abgerissenen Hausener Dorfkinos.

Dies begeisterte die ehemaligen LPG-Frauen so sehr, dass sie sich spontan mit einigen Liedern, wie „So ein Tag so wunderschön wie heute“ und „Einer geht noch, Einer geht noch rein“, verabschiedeten.

 

Nach der vergessenen Kreuzerhöhungsprozession im vergangenen Jahr wurde in diesem Jahr eine geradezu revolutionäre Neuheit in Hausen eingeführt:

Da es ja ohnehin fast keine Bauern mehr in Hausen gibt und die Agrargenossenschaft von Orschel aus geleitet wird, wurde die Prozession durch ein gelungenes Gemeindefest

auf dem Kirchplatz ersetzt. Und so gab es statt Aussetzung und Segen im Feld ein zünftiges Prost auf den??? Sommerberg, ein Prost auf den Rohrberg und ein Prost auf den Thomasberg.

Großen Anklang fand diese Lösung nicht nur bei Kindern und Jugendlichen sondern auch bei den Älteren, denen der steile Anstieg hinter den Höfen und der schwierige Abstieg im Winkel erspart geblieben ist.

Unter einem chronischen Mitgliederschwund leidet seit Jahren die Hausener CDU.

Um diesen Missstand zu beseitigen, sollte nach dem gelungenen Handstreich aus der Wirtschaft die viel größere CDU aus Niederorschel feindlich übernommen werden.

Diese hat sich jedoch nicht so einfach überrumpeln lassen.

So ist man zwar jetzt friedlich vereinigt, aber mit dem Chefsessel für die Hausener hat es leider nicht geklappt.

 

Deutschlandweit macht ein Neuhausener unseren Ort im Fernsehen bekannt.

In einer RTL-Nachmittagsshow sprach er so begeistert über seine neue Heimat und dem Leben im Ort, dass er den gestellten Heiratsantrag fast vergaß.

Von dieser Medienpräsenz angeregt und begeistert sah unser Hammel die Chance, ebenfalls ein Star zu werden. So beantragte er die Aufnahme unseres Ortes in die Sendung „ Bauer sucht Frau“. Es wurden auch schon verschiedene Kandidatinnen bei Bewerbungsaktionen gesichtet.

 

Zu einer außergewöhnlichen Fahrleistung ließ sich einer unserer Burschen nach einem Friseurbesuch in den Höhendörfern hinreißen.

Von neuem Haargel benebelt und von der Friseuse betört landete er nach rasanter Talfahrt mit seinem heißen Ofen in 3 Meter Höhe auf einem Baum.

Auch überschätzte ein Traktorfahrer beim Weide bauen seine Fahrkünste.

Dieser landete nach einem Looping nicht wie geplant auf seinen 4 Rädern, sondern schmerzhaft auf der Fahrerseite.

 

Wohl nicht mehr ganz zurechnungsfähig war Günter am Vatertag, als er im jugendlichen Leichtsinn das Ortseingangsschild von Battern abschrauben wollte.

Die Tat wurde aufgeklärt und er entstandene Schaden beseitigt.

Vehement bestreitet unser Hammel jedoch die Anschuldigung, dass er an dem hinterhältigen Anschlag auf unsere Europaabgeordneten beteiligt gewesen sein soll.

Mehrere Schafe, auch aus der Nachbarschaft, bestätigen, dass er zum Zeitpunkt,

als die Decke einstürzte nicht in Brüssel war.

 

Am Kleinfeldfußballturnier nahmen diesmal nicht die großen Familienmannschaften teil. Bei den spielenden Mannschaften war auch nicht immer klar, ob nun die Kirmesburschen, die Feuerwehr oder der Sportverein spielen. Es waren fast immer die gleichen Spieler nur in anderen Outfits auf dem Platz.

Nach hartem Kampf gewann erstmals der Schachverein dieses traditionsreiche Turnier.

Nur Hausener spielten nicht in dieser Mannschaft mit. Übrigens ist dieses Turnier wohl das einzige in Deutschland, für das eine Startgebühr bezahlt werden muss und dann der Sieger auch noch den Pokal stiften darf. Die schlechte Fitness, mangelhafte Technik und fehlende Spielpraxis führten leider zu einigen Verletzungen unserer Sportler.

 

Beim Waldsportfest siegte dieses Jahr wieder mal knapp Unterdorf.

Der absolute Höhepunkt im Hausener Waldstadion war jedoch das Werbespiel der Bayern aus München.

Die jungen Damen aus dem Münchener Stadtteil Aiching siegten mit Hausener Unterstützung gegen die mit der Fußballerin des Jahres auflaufenden Orschler knapp mit 2:1. Mit der Siegprämie von einem Meter Worbiser Freibier waren die bayrischen Damen nicht so richtig zu begeistern und so spendierten sie spontan ein Fass original Bayrisches Weißbier.

Nach der langen Nacht wehte am neuen Sportlerheim neben der Hausenfahne auch die Bayrische Landesfahne. Zum Frühschoppen am Sonntag um 10.00Uhr waren leider keine Sportler und auch kein Gast zu sehen.

Der Kirmesburschenchef vom Nachbarort konnte dann als erster Gast begrüßt und mit

dem Grundnahrungsmittel aller Kirmesburschen versorgt werden.

Der bescheidene Wunsch nach einer Bratwurst kostete doch erhebliche Mühen.

 

In Hausen feierte man in diesem Jahr auch endlich mal wieder Karneval. Beim Puhdys-Klassiker „ Hey wir wollen die Eisbären sehen“ tobte die Halle.

Doch so oft im Leben wurden  auch hier nur Bärchen gezeigt.

Die Sensation des Abends war jedoch die Krönung einer echten Miss.

So haben wir neben einigen Hausener Originalen, einem Weitbekannten „Journal“ nun auch eine liebreizende Miss Klapperfahrt.

 

Immer Spektakulärer werden neue Aufnahmeriten für Jungburschen.

Tat es früher ein einfacher Jagdschein wird heute ein Junggesellenabschied mit schier unlösbaren Aufgaben für den Bräutigam ausgerichtet. Nur dank der tatkräftigen Unterstützung des Brautvaters konnten diesmal noch alle Aufgaben erfüllt werden.

 

Ein wahres Kleinod, ein technisches Denkmal, das liebevoll rekonstruierte und wieder voll funktionstüchtige alte Hausener Backs.

Der dort gebackene Schmandkuchen soll ein wahrer Gaumenschmaus sein.

Bisher durften diese kulinarische Kostbarkeit jedoch nur auswertige Vereine verkosten.

Nach unbestätigten Gerüchten soll das Backs jedoch in einen geplanten Weihnachtsmarkt eingebunden werden.

Einen wahren Bauboom erlebte letztes Jahr unser Dörfchen.

Dieser wird jedoch nicht getragen von Börsenkursen, Heuschrecken und Spekulanten, sondern vom engagierten und unentgeltlichen Einsatz der meisten Einwohner.

Wurde der Hochwasserschutz für den „alten“ Graben noch von Querulanten Anliegern gestoppt, konnte die Schutzhütte am Sportplatz aus den alten Hausener Überlandmasten errichtet werden. Besonders die aktive Rentnerbrigade, zu der jetzt auch der Dorfschulze gehört, vollbrachte eine wahre handwerkliche Meisterleistung.

Nach klassischer DDR – Bauart wurde sämtliches Baumaterial optimal eingesetzt, reichte aber nicht für die endgültige Fertigstellung der Rückseite.

Das Flair des neuen Dorfplatzes ist schon zu erahnen und wird noch von Privaten Neubauten unterstützt.

Unser neues Prunkstück ist, obwohl noch unvollendet, bereits für den nächsten Welt-Bushaltestellen- Award nominiert.

 

Dass neben Breitenholz noch weiter Gemeinden von dem zu unserer Kirmes immer schönem Wetter profitieren wollen, lässt uns kalt. Dass die Orschler wieder ihren Heimatabend machen, daran haben wir uns gewöhnt.

Aber das der älteste und liebevollste Umzug nun auch noch von der Titelseite des Kesselblättchens verbannt wird, ist doch wohl eine bodenlose Frechheit!

Doch von allen diesen Tiefschlägen lassen wir uns nicht beeindrucken und werden auch im nächsten Jahr wieder einen kleinen, aber stets feinen Kirmesumzug veranstalten.

 

In diesem Sinne und im Namen aller Hammelbrüder wünschen wir noch frohe und nette Stunden.

 

Bleibt gesund und munter!

Bis zur nächsten Kirmes grüßen:

 

Die Kirmesburschen

 

© 2008, Autor: Manfred Barthel